Alva Goldmann liest aus Robert Antelme „Das Menschengeschlecht“
Eine literarische Reise, die tief in die Abgründe der Menschlichkeit eintaucht, unternehmen die Gandersheimer Domfestspiele in Brunshausen: Aus dem Buch „Das Menschengeschlecht“ des französischen Résistance-Kämpfers, KZ-Häftlings und Schriftstellers Robert Antelme liest Alva Goldmann, Mitglied des DOMinos-Spielclubs der Gandersheimer Domfestspiele, am Donnerstag / Freitag, 30. / 31. Oktober, jeweils um 19 Uhr. Lukas Keller hat die Textfassung erstellt, er führt bei der szenischen Lesung auch Regie. Die beiden Veranstaltungen im Sommerschloss Brunshausen finden auf Initiative des Vereins „Portal zur Geschichte“ statt, der seine Sonderausstellung „Zeugnisse aus dem KZ Gandersheim“ bis zum 14. Dezember verlängert hat. Der Eintritt ist frei.
Robert Antelmes 1947 veröffentlichtes Buch „Das Menschengeschlecht“ ist ein kraftvolles Werk über die unverbrüchliche Resilienz des Menschen inmitten von Leid und Entmenschlichung. In einer Lesung wird Alva Goldmann die düsteren, aber auch hoffnungsvollen Erzählstränge des Textes zum Leben erwecken. „Das Menschengeschlecht“ beleuchtet die Themen Erinnerung, Überleben und die Frage nach der Würde des Menschen – auch in den dunkelsten Stunden der Geschichte. Die Intensität und die Tiefe dieses außergewöhnlichen Dokuments fesseln bis heute.
Als Mitglied einer Widerstandsgruppe von der Gestapo im Juni 1944 in Paris gefangen genommen, wurde Robert Antelme in das Arbeitslager Gandersheim und schließlich in einem jener Güterzüge, in denen die Gefangenen kurz vor Kriegsende wochenlang und unter schrecklichen Qualen durch Deutschland transportiert wurden, in das Konzentrationslager Dachau verschleppt. Nach der Befreiung durch die Mithilfe François Mitterrands – Mitglied der gleichen Widerstandszelle wie Antelme und mittlerweile zuständig für Kriegsgefangene im Kabinett de Gaulles – nach Paris gebracht, überlebte er nach einem viele Monate dauernden, leidvollen Prozess körperlicher Rekonvaleszenz.
Sein Bericht „Das Menschengeschlecht“ gehört zu den bedeutendsten, unmittelbar nach dem Krieg verfassten Zeugnissen aus einem KZ. Antelme beschreibt darin die von den Nationalsozialisten systematisch herbeigeführte Vernichtung durch Zwangsarbeit und Aushungern, die auf eine vollständige Entmenschlichung zielende Lagerordnung, die geschürte gegenseitige Erniedrigung der Gefangenen, aber auch deren Solidarität. Antelmes Buch genießt nicht zuletzt wegen seiner außergewöhnlichen literarischen Qualität eine große Popularität und gilt als wichtigstes Zeitzeugnis für das KZ Brunshausen.
„Antelmes Buch ist ein fast unerträglich präzise abgefasster Erlebnisbericht über die Qualen der KZ-Häftlinge und gleichzeitig eine ethische Reflexion darüber, ob sich unter solchen extremen Bedingungen Menschlichkeit behaupten kann.“ (WDR)
Alva Goldmann.
Foto: Julia Lormis / Gandersheimer Domfestspiele gGmbH