Mitreißende Gangster-Geschichte: Musical „Bonnie & Clyde“
Oft wurde das Musical „Bonnie & Clyde“ nach seiner erfolgreichen Broadway-Premiere 2011 noch gar nicht auf deutschen Bühnen gespielt. Da ist die neue Inszenierung von Sandra Wissmann bei den Gandersheimer Domfestspielen in diesem Sommer eine gute Gelegenheit, die dramatische Geschichte über das wohl berühmteste Gangsterpaar der Welt mit ihrem unsterblichen Mythos, mit vielen mitreißenden und berührenden Songs von Erfolgskomponist Frank Wildhorn (u.a. „Jekyll & Hyde“) auf der Bühne erleben zu können. In den Hauptrollen sind vor der Stiftskirche Annika Steinkamp und Lucas Baier zu sehen. Premiere ist am Freitag, 28. Juni, um 20 Uhr.
Das Musical geht der Vergangenheit der furchtlosen Liebenden auf den Grund, die im Blitzlichtgewitter der Öffentlichkeit standen, als Volkshelden in Zeiten der großen Depression galten – und als Albtraum der Gesetzeshüter. Bonnie und Clyde suchten das Abenteuer, verrannten sich in ihren Taten, bezahlten ihre unbedingte Liebe mit dem Leben. Wie es für das berühmte Gangsterpärchen ausgeht, ist bekannt. Das, sagt Regisseurin Sandra Wissmann, sei aber gerade der Reiz. Das Publikum müsse mit der Inszenierung für die Entwicklung der Charaktere und der Geschichte interessiert werden: „Es geht um den Weg, das Wie und Warum – letztlich darum, wie es soweit kommen konnte, dass Bonnie und Clyde am Ende sterben.“ Das Musical „Bonnie & Clyde“ ist auch für die Regisseurin neu, sie inszeniert es zum ersten Mal. Sie reizen über die Liebesgeschichte hinaus die wahren Ereignisse, die dem Buch zugrundeliegen: Wie konnte die Legende entstehen – wie konnte ein Gangsterpaar, das sogar über Leichen ging, zu Volkshelden stilisiert werden? Die Geschichte von Bonnie Parker und Clyde Barrow zeige, wie stark damals die öffentliche Meinung gesteuert werden konnte, erzählt Sandra Wissmann. Und das sei ein Thema, das heute durch soziale Medien und größere mediale Verbreitungsmöglichkeiten immer mehr an Bedeutung gewinne.
Sandra Wissmann hat in Bad Gandersheim schon vier Musicals inszeniert: Auf „Comedian Harmonists II“ 2017 folgte die umjubelte Geschichte über Marlene Dietrich und Edith Piaf „Spatz & Engel“, der Freundschaft-Klassiker „Die Drei von der Tankstelle“ (2021) und schließlich „Der kleine Horrorladen“ (2022).
„Bonnie Parker ist seit Jahren eine meiner großen Musical-Traumrollen“, sagt Annika Steinkamp. „Dass ich so bald nach meinem Studium die Chance bekomme, diese schwierige und ambivalente Figur zu verkörpern, kann ich ehrlich gesagt noch gar nicht so richtig glauben.“ Die am Rande des Ruhrgebiets aufgewachsene Darstellerin war Stipendiatin der Studienstiftung des Deutschen Volkes und des Deutschen Bühnenvereins und hat erst im vergangenen Jahr ihr Musicalstudium an der Universität der Künste Berlin abgeschlossen. „Die Menschen sind bis heute fasziniert vom Mythos aus Verbrechen und Leidenschaft, der die beiden umgibt – der perfekte Stoff für ein Musical und schauspielerisch eine richtige Herausforderung. Ich freue mich riesig auf die Proben und auf meinen ersten Sommer in Bad Gandersheim“, sagt Annika Steinkamp.
An ihrer Seite kehrt Lucas Baier nach Bad Gandersheim zurück. 2017 und 2018 war er nach seiner Ausbildung zum Musicaldarsteller an der Stage School Hamburg schon einmal bei den Gandersheimer Domfestspielen zu sehen, etwa als Gomez in „The Addams Family“, Tony Manero in „Saturday Night Fever“ oder als Nick Piazza in „Fame“. Jetzt also der Hauptdarsteller in „Bonnie & Clyde“. „Es reizt mich, eine Rolle verkörpern zu dürfen, die auf ihrem Weg alle Emotionen bis zum Äußersten durchlebt“, sagt Lucas Baier. „Es ist wie ein Rausch der Gefühle, und man kann diese Welle nur reiten oder wird von ihr begraben. Der Antiheld hat immer etwas Magisches, eine menschliche Fehlbarkeit und liebenswerte Tragik. Der Traum eines jeden Schauspielers.“
Für Dominik Müller, der sich um die Choreografie des Musicals in Bad Gandersheim kümmern wird, ist das Besondere an diesem Musical, dass das Publikum den Ausgang der Geschichte schon kennt – „und dennoch die ganze Zeit mitfiebert und hofft, dass es vielleicht anders ausgeht“, wie er sagt. „Bonnie & Clyde“ sei zwar kein Tanzmusical – bis auf eine Szene, die mit ihrer Gospel-Stimmung zum Grooven einlädt. Dominik Müller will in enger Zusammenarbeit mit der Regisseurin Sandra Wissmann an Bewegungen in der Gruppe arbeiten, aus denen sich neue Szenen ergeben können und die auch eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe mit ihren Bedürfnissen darstellen sollen. „Armut wird da ein großes Thema sein und die damit verbundene Unzufriedenheit, die sich dann in der Körperlichkeit und den Bewegungen zeigen kann. So kann es auch mal aggressiver und akzentuierter zugehen, wohingegen es bei unserem Verbrecher-Pärchen etwas zarter und romantischer wird.“