Artist in Residence-Stipendium des Rotary Clubs startet bei den Gandersheimer Domfestspielen

Im März startet das „Artist in Residence“-Stipendium, das der Rotary Club Clausthal-Zellerfeld erstmals gemeinsam mit den Gandersheimer Domfestspielen und dem HarzClassix-Festival ausgeschrieben hatte. Erhalten haben das Stipendium Dascha Ivanova, David Hahn, Till Ernecke und Merle Smalla. Die vier werden auf der Basis des dramatischen Gedichts „Peer Gynt“ von Henrik Ibsen über mehrere Wochen vor Ort gemeinsam ihre eigene Dramaturgie „For all we know“ entwickeln. „Wir blicken voller Vorfreude auf die Möglichkeit, unser erstes eigenes Projekt realisieren zu können“, sagt Dascha Ivanova. Das Stück „über alles, was wir (nicht) wissen“ wird vor Publikum gezeigt: am 8. April um 20 Uhr im Probenzentrum Bad Gandersheim, am 9. April um 20 Uhr in Clausthal-Zellerfeld. Tickets gibt es in der Kartenzentrale der Gandersheimer Domfestspiele, Telefon 05382 955 3311.

Das Team will in seiner Stückentwicklung erforschen, welche Bilder Menschen glauben erfüllen zu müssen, woher diese kommen und wann das Spiel von Verzerrung in der Realität Spuren zu hinterlassen beginnt. „Immer besser, schlauer, lustiger, sexier sein zu wollen, diesen Druck machen wir uns oft selbst“, sagt Dascha Ivanova über das Konzept. Er werde aber auch von äußeren Umständen begünstigt.

In ihrer Entwicklung des Stücks wollen die vier den Fokus darauf legen, was dieser Druck mit einem Menschen macht und was passiert, wenn man ihn fallen lässt und versucht sich selbst zu genügen. Anhand der Beziehung zwischen Peer und Solveig in Ibsens „Peer Gynt“ möchten die Stipendiaten szenisch darstellen, wie die herangetragenen Erwartungshaltungen auch persönliche Beziehungen strukturieren, in ein Ungleichgewicht bringen und gar eine echte Begegnung zweier Menschen verhindern. Die gewählte Form der Stückentwicklung bietet die Möglichkeit, neben dem Originaltext von Ibsen auch viel mit fremd- oder selbstgeschriebenen Texten zu arbeiten und somit konkreter aus den Erfahrungen und Gedanken der Akteure zu schöpfen.

Um einem Nicht-Zueinander-Finden zu entkommen, etablieren die Akteure als „Spiel im Spiel“ Masken, da diese ermöglichen, schnell in Rollen hinein und wieder hinaus zu schlüpfen, Figuren zu behaupten und sie von den  Charakteren der realen Figuren von Solvejg und Peer zu trennen.

David Hahn und Dascha Ivanova haben sich 2016 als Darsteller bei der Volkstheater-Inszenierung „Gewalt“ am Staatstheater Karlsruhe kennengelernt. Dascha Ivanova hat kürzlich in Till Erneckes Inszenierung „Hedda Gabler“ von Henrik Ibsen am Mozarteum mitgespielt. Die vier kennen sich also untereinander und durch ihr gemeinsames Interesse an der jungen Theaterszene, arbeiten als Viererteam aber erstmals in Bad Gandersheim zusammen.

Dascha Ivanova, geboren 1998 in Novosibirsk (Russland) ist in Ägypten, Syrien und Deutschland aufgewachsen. Sie war 2021 Schauspielabsolventin am Mozarteum in Salzburg. Vor dem Studium beschäftigte sie sich mit klassischem Gesang und sammelte erste Theatererfahrungen am Badischen Staatstheater in Karlsruhe in der Stückentwicklung „Gewalt“ nach Stephen Pinker. Mit der Spielzeit 2022/23 tritt sie ihr erstes Engagement am Jungen Stadttheater Gießen an.

Till Ernecke, geboren 1994 in Berlin, studiert seit März 2020 am Thomas Bernhard Institut Theaterregie. Zuvor hatte er ein Philosophie-Studium an der Humboldt-Universität Berlin abgeschlossen. Während dieses Studiums begann seine aktive Zeit in der Berliner Theater Szene. Er wirkte sowohl als Regisseur, Assistent und als Schauspieler in verschiedenen Projekten in der freien Szene mit.

David Hahn, geboren 1998 in Karlsruhe, ist Sänger und Gitarrist der Band „Whitepaper“. 2016 spielte er in der Produktion „Gewalt“ nach Stephen Pinker am Badischen Staatstheater Karlsruhe. Aktuell studiert er Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre an der Universität Heidelberg.

Merle Smalla, geboren 1997, wuchs in Oldenburg auf und studierte nach ihrem Abitur 2015 Experimentelle Gestaltung an der Hochschule Hannover. Seit ihrem Abschluss (Bachelor of Arts) 2021 ist sie freischaffend als Figurenkünstlerin tätig, arbeitet unter anderem für das Theater der Nacht in Northeim. Die Entwicklung von Gestalten, Masken und Geschichten sind Bestandteil ihrer künstlerischen Arbeit, die sich stets zwischen darstellender und bildender Kunst bewegt.

Die vier Stipendiaten arbeiten in Bad Gandersheim im Probenzentrum der Gandersheimer Domfestspiele mehr als einen Monat lang an ihrem Theater-Projekt. Später kommt die Band hinzu, in der Clemens Müller (Mainz), Maximilian Griff (Karlsruhe) und Jo Kurz (Karlsruhe) spielen. Alle wohnen vor Ort und erhalten dramaturgische und inhaltliche Unterstützung durch Mitarbeiter der Gandersheimer Domfestspiele oder des Harzklassix-Festivals.

Die Stipendiaten (im Uhrzeigersinn) Daria, Till, David und Merle.

Fotos: privat / Jannik Goerger